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Kurzinterview zur ATACMS-Lieferung und Kertschbrücke

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Kurzinterview zur ATACMS-Lieferung und Kertschbrücke:

a) Die Gerüchte häufen sich, dass ein größerer Angriff auf die Krim-Brücke bevorsteht. Wie hoch schätzen Sie die Chance ein, dass solch ein Anschlag tatsächlich bevorsteht und erfolgreich sein könnte? Zu welchem Zeitpunkt?

Dies scheint nun insofern möglich, als die ukrainische Armee mit den ATACMS-Flugkörpern die Kertschbrücke erreichen kann. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Kraft der Sprengköpfe der amerikanischen Raketen bereits einen solchen Angriff sinnvoll macht. Meinem Verständnis nach hat die Ukraine die Taurus-Marschflugkörper für die Zerstörung der Kertschbrücke erbeten. Insofern ist dies womöglich eher eine technische als taktische oder strategische Entscheidung für Kyjiw, die von der Einschätzung der Erfolgschancen einer Bombardierung der Brücke mit den ATACMS abhängt.

b) Wie gut ist Russland auf solch einen Angriff vorbereitet?

Der Kreml will aus einer Reihe von Gründen die Zerstörung der Brücke vermeiden. Es gibt eine erhebliche militärische Infrastruktur zum Schutz der Kertschbrücke. Während die Bedeutung der Brücke als Nachschubweg für die russische Armee gesunken ist, bleibt die symbolische Bedeutung des Bauwerks für Putin und sein Regime hoch. Es wäre eine enorme Blamage für den Kreml, gelänge es der Ukraine, die Brücke unbrauchbar zu schießen oder gar zum Einsturz zu bringen. Daher wird Moskau alles tun, um einen solchen Angriffe zu vermeiden bzw. abzuwehren. Es gibt nun gar Andeutungen, dass Russland als Antwort auf den Angriff auf die Brücke mit einem Einsatz taktischer Atomwaffen droht.

c) Sehen Sie in der Lieferung von Atacms einen Game-Changer für die Ukraine, wenn es um die Krim und Kertsch-Brücke geht?

Auch dies ist eher eine Frage an Raketentechniker bzw. Sprengkopfexperten als Politologen. Bislang war es so, dass nur die Taurus-Marschflugkörper als zur Zerstörung der Brücke tauglich galten. Womöglich ist dies auch der Grund für die Entscheidung der Bundesregierung, die Lieferung dieser deutschen Waffen an die Ukraine zurückzuhalten. Ich könnte mir vorstellen, dass Moskau für diesen Fall Berlin mit einer Art „Vergeltung“ gedroht hat.

d) Welche Folgen hätte ein erfolgreicher Großangriff auf die Krim-Brücke für Putin?

Ukrainische Angriffe auf die Brücke hat es schon einige gegeben. Die Frage ist eher nach den Folgen einer eventuellen Zerstörung des Bauwerks. Dies wäre sowohl für die russischen Truppen auf der Krim und in der südlichen Festlandukraine als auch für das Image Putins innerhalb Russlands problematisch. Womöglich ist die innenpolitische Gretchenfrage auch der Grund für die jüngst erneuerte Drohung Moskaus, taktische Atomwaffen in der Ukraine einzusetzen.


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